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Oktober 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Mit Rückenwind nach Rouen: Die deutschen Handballer haben ihre WM-Generalprobe gegen Österreich bravourös bestanden und starten mit reichlich Selbstvertrauen in ihre Medaillen-Mission. Die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson deklassierte Österreich wenige Tage vor dem Turnier in Frankreich (11. bis 29. Januar) im letzten Test mit 33:16 (17:11) und präsentierte sich vier Tage vor dem Auftaktspiel gegen Ungarn in bärenstarker Verfassung.

„Ich bin sehr zufrieden“, sagte Sigurdsson bei Sky, mahnte aber angesichts einer schwachen Anfangsphase mit Blick auf den WM-Auftakt: „Wir müssen aufpassen. Wenn wir solch einen Start gegen Ungarn hinlegen, dann werden wir bestraft.“

Wolff und Rückkehrer Glandorf stark

Auffälligster Spieler beim überzeugenden Europameister war einmal mehr Andreas Wolff. Der Keeper des THW Kiel fischte fast jeden zweiten Wurf des Gegners von der Torlinie. Auch der kurzfristig nominierte Holger Glandorf glänzte bei seinem Comeback, erzielte wie zwei seiner Teamkollegen drei Treffer. Beste Torschützen waren Kreisläufer Jannik Kohlbacher, Steffen Fäth und Tobias Reichmann mit je vier Toren.

Tempo, Spielwitz, viele Tore: Nach fahriger Anfangsphase ließ das deutsche Team immer wieder sein Können aufblitzen und überzeugte trotz zahlreicher Wechsel in unterschiedlichsten Konstellationen. In dieser Form gehört Deutschland zweifelsohne in Frankreich zu den Titel-Kandidaten. Bei der Abfahrt am Mittwoch ins nordfranzösische Rouen ist dann wohl auch Kapitän Uwe Gensheimer wieder dabei, der aufgrund des unerwarteten Todes seines Vaters fehlte.

Die Augen der 4337 Zuschauer in der ausverkauften Rothenbach-Halle waren ohnehin vor allem auf Rückkehrer Glandorf gerichtet. Der Weltmeister von 2007 war erst am Nachmittag von Sigurdsson offiziell nominiert worden und zeigte sich bei seinem ersten Länderspiel seit über zweieinhalb Jahren sofort in WM-Form.

Bissig in der Abwehr, brandgefährlich im Angriff: Glandorf, der im Herbst 2014 eigentlich seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt hatte, sprühte bei seinem 20-minütigen Einsatz vor Spiellaune und brauchte trotz der wenigen Trainingseinheiten mit dem Team keine Anlaufzeit.

Dabei waren die ersten Minuten so gar nicht nach dem Geschmack von Coach Sigurdsson. Fahrige Abschlüsse vorn, zögerndes Zweikampfverhalten hinten: Nachdem seine Mannschaft nach schneller 2:0-Führung fünf Treffer in Serie kassierte, sah sich der Isländer schon nach acht Minuten zu einer Auszeit gezwungen.

Die Ansagen Sigurdssons zeigten Wirkung. Keeper Wolff kratzte nun wichtige Bälle aus den Ecken – und auch in der Offensive kam durch die Hereinnahme von Glandorf deutlich mehr Zug rein. Erst glich der 33 Jahre alte Rückraumspieler von der SG Flensburg-Handewitt nach 15 Minuten mit seinem ersten Treffer aus (6:6), dann sieben Minuten und ein Traum-Anspiel auf Rechtsaußen Patrick Groetzki später sorgte er für das 11:8.

Deutschland blieb am Drücker und baute die Führung kontinuierlich aus. Das 17:11 zur Pause war nur eine Zwischenstation – spätestens beim 21:11 durch Kai Häfner war die Partie entschieden. Glandorf saß zu dem Zeitpunkt schon wieder auf der Bank.

Ob der Linkshänder auch bei der WM zum Einsatz kommen wird, ist noch offen. „Es geht darum, dass er nicht ganz aus der kalten Hose heraus mit dieser Nationalmannschaft spielt, wenn man ihn aufgrund der Verletzungssorgen braucht“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning dem SID. Glandorf meinte: „Ich fahre morgen nach Hause, und übermorgen geht die Vorbereitung mit Flensburg los. Wenn was passieren sollte, stehe ich parat.“

Gut möglich, dass Sigurdsson Routinier Glandorf im Laufe des Turniers einfliegen lässt. Denn nachdem der Bundestrainer die beiden Rückraumspieler Philipp Weber und Jens Schöngarth sowie Kreisläufer Erik Schmidt aussortiert hat, ist im deutschen Kader plötzlich ein Platz frei.

 

Fragen und Antworten zur Handball-WM in Frankreich

Was liegt an? Die 25. Handball-WM in Frankreich (ab Mittwoch bis 29. Januar) soll ein Turnier der Superlative werden. „Wir erwarten die beste Weltmeisterschaft der Geschichte“, sagte Weltverbandspräsident Hassan Moustafa. Mit einem Etat von 30 Millionen Euro wollen die Organisatoren laut ihrem Motto „Phenomenal Handball“ bieten. Dabei dürfte auch ein neuer Rekord aufgestellt werden: Bei den möglichen Achtel- und Viertelfinal-Partien der Franzosen könnten bis zu 27.500 Zuschauer die Equipe Tricolore im Fußballstadion von Lille anfeuern. Und damit den Bestwert der WM 2007 in Deutschland knacken, als bei drei Spielen in Köln jeweils 20.500 Zuschauer in der Halle waren.

In welchem Modus wird gespielt? Die Vorrunde wird in vier Sechsergruppen an fünf Spieltagen ausgetragen. Deutschland trifft in der Gruppe C in Rouen auf Ungarn (13. Januar), Chile (15. Januar), Saudi-Arabien (17. Januar), Weißrussland (18. Januar) und Kroatien (20. Januar). In allen Gruppen ziehen die ersten vier Mannschaften ins Achtelfinale ein, eine Zwischenrunde wie bei der EM gibt es ebenso wenig wie eine Platzierungsrunde nach einer Niederlage in der K.o.-Runde. Lediglich die schwächsten acht Teams der Vorrunde spielen im Presidents-Cup die Ränge 17 bis 24 aus. Das Finale der WM steigt am 29. Januar.

Wer sind die Favoriten? Topfavorit ist Gastgeber Frankreich. Für die Goldene Generation um die früheren Bundesliga-Stars Thierry Omeyer, Daniel Narcisse und Nikola Karabatic, allesamt 2009, 2011 und 2015 Weltmeister, soll die Heim-WM der krönende Abschluss werden. Auf den Zetteln der Experten steht zudem Olympiasieger Dänemark wie auch Spanien. Auch der Respekt vor dem deutschen Team um den scheidenden Bundestrainer Dagur Sigurdsson ist nach dem Europameistertitel und der Bronzemedaille von Rio deutlich gestiegen. Zudem zählt Kroatien zum erweiterten Kreis der Titelfavoriten.

Wie ist die Stimmungi m deutschen Team? Die sportlichen Vorzeichen sind durchaus vielversprechend. Beim letzten Test deklassierte Deutschland den Nachbarn Österreich mit 33:16 und präsentierte sich vier Tage vor dem Auftaktspiel gegen Ungarn in bärenstarker Verfassung. Zuvor hatte auch das 30:21 gegen Rumänien trotz einiger Schwächephasen Hoffnungen auf ein erfolgreiches Abschneiden geschürt. Doch es gibt auch einige Fragezeichen. Wie gut funktioniert die neuformierte deutsche Mannschaft in Druckphasen als Team – es fehlen sieben EM-Helden? Wie verkraftet Kapitän Uwe Gensheimer den unerwarteten Tod seines Vaters? Und welche Rolle spielt Sigurdssons Abschied während des Turniers?

Wie kann man die Spiel der deutschen Mannschaft verfolgen? Im klassischen Fernsehen wird es keine Live-Bilder geben, nachdem die Verhandlungen zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und dem umstrittenen Rechteinhaber beIN Media Group wie bereits vor der WM 2015 scheiterten. Da sich auch kein Privatsender mit der Firma aus Doha einig wurde, bleibt nun ein Livestream im Internet. Sollten letzte rechtliche Hürden übersprungen werden, zeigt der Nationalmannschaftssponsor Deutsche Kreditbank AG (DKB) unter handball.dkb.de oder im DKB-YouTube-Kanal alle DHB-Spiele live und mit deutschem Kommentar. Gleiches gilt für das Eröffnungsspiel, die Halbfinals und das Finale. Weitere Spiele werden mit englischem Originalkommentar abrufbar sein.

Welche Rolle spielt der Sicherheitsaspekt? Wie bei der Fußball-EM in Frankreich und den Olympischen Spielen von Rio de Janeiro 2016 spielt der Sicherheitsaspekt für die Veranstalter eine große Rolle. Frankreich wurde in den vergangenen Jahren immer wieder von Terror erschüttert. „Die Fußball-EM war gerade beim Thema Sicherheit ein großer Erfolg und wir wollen von deren Erkenntnissen und Erfahrungen profitierten, was die Abläufe und die Kooperation aller Beteiligten betrifft“, sagte David Donelly, der Chef des Organisationskomitees der Handballwoche.