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April 2024

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Bukarest (SID) Weltmeister Frankreich, Europameister Portugal – schwerer hätte es Deutschland bei der EM-Auslosung nicht treffen können. Während einige Spieler den Modus kritisierten, war der Bundestrainer mit dem Los sogar sehr zufrieden.

Joachim Löw, Didier Deschamps und Fernando Santos nahmen den EM-Pokal in ihre Mitte und flachsten noch auf der Bühne der Bukarester Messehalle über den Worst Case, den die drei Nationaltrainer eigentlich unbedingt vermeiden wollten. „Wir drei haben geschmunzelt und angedeutet, dass im Sommer einiges auf uns zukommt“, sagte Löw am Tag nach der EM-Auslosung dem SID, ehe er mit einem „guten Gefühl“ die Heimreise antrat.  

Beim Gedanken an die Auslosung musste der entspannte Bundestrainer erneut lächeln, dabei hätte die Zeremonie mit „Losfee“ Philipp Lahm 195 Tage vor dem Startschuss der paneuropäischen EM 2020 unglücklicher nicht verlaufen können. „Todesgruppe“ – mit diesem Wort beschrieben französische (Le Monde und Le Figaro) und portugiesische Zeitungen (Correio da Manha) das, was dem DFB-Team, Weltmeister Frankreich, Europameister Portugal mit Superstar Cristiano Ronaldo und dem noch unbekannten Play-off-Sieger in der Vorrunde erwartet. 

„Das ist die Hammergruppe schlechthin“, sagte Löw: „Das zieht alle in den Bann. Da ist jeder brutal gefordert, jede Mannschaft muss wahrscheinlich übers Limit gehen, um sich durchzusetzen.“ Und je länger der 59-Jährige über das Los sinnierte, desto zufriedener wurde er. „Ich verspüre Freude, denn das sind Highlight-Spiele“, sagte Löw, der im deutschen Spielort München „Fußballfeste“ erwartet.

Einige seiner Spieler waren dagegen weniger begeistert und zweifelten sogar offen den komplizierten Auslosungsmodus an. „Du gewinnst die Quali-Gruppe und hast dann den Weltmeister 2018, Europameister und Weltmeister 2014 – das ist schon etwas fragwürdig“, sagte Leon Goretzka. Auch sein Münchner Teamkollege Joshua Kimmich empfand das als „merkwürdig“. Zum Vergleich: Erzrivale Niederlande, der von der DFB-Auswahl in der EM-Qualifikation noch abgefangen wurde, bekommt es Gruppe C mit der Ukraine, Österreich und einem Play-off-Sieger zu tun.

Die Kritik greift aber zu kurz, schließlich ermöglicht der Modus dem deutschen Team drei Vorrunden-Heimspiele in München. Vor den eigenen Fans wollen Manuel Neuer und Co. Wiedergutmachung für das peinliche Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland betreiben – dafür müssen sie sofort in Bestform sein. Der dreimalige Europameister startet am 16. Juni gegen die Franzosen in die EURO, vier Tage später geht es gegen Portugal. Das letzte Gruppenspiel findet am 24. Juni statt. „Mit diesem Los“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller, „kann man sofort Fußball-Fieber in Deutschland entfachen.“

Doch Frankreich und Portugal kommen als Partyschreck. „Sie sollten die sein, die Angst haben“, sagte der französische Weltmeister Lucas Hernandez von Bayern München in Richtung des deutschen Rivalen. Portugals Nationaltrainer Santos versprach: „Portugal wird so spielen, wie es immer spielt: Als Kandidat auf den EM-Titel.“ Frankreichs Weltmeister-Trainer Deschamps wollte von einer Favoritenrolle nichts wissen: „Wir haben alle dasselbe Ziel: Die Vorrunde wenn möglich als Erster zu überstehen.“

Doch selbst ein dritter Platz könnte für das Achtelfinale reichen, die vier besten Gruppendritten kommen ebenfalls eine Runde weiter. Auf Rechenspiele will sich das DFB-Team aber nicht einlassen. „Wenn du große Ziele hast“, sagte Goretzka, „musst du sowieso früher oder später die Großen schlagen.“

Ähnlich sah es auch Lahm, der für Deutschland aus Lostopf 3 Portugal zog und damit die Hammergruppe perfekt machte. „Philipp, dich müssen wir entlassen“, sagte Löw hinterher scherzhaft zum OK-Chef der Heim-EM 2024. Der Weltmeister-Kapitän kontere schelmisch: „Das habe ich schon gehört. Aber die Stadt München hat gesagt, sie stellen mich ein.“ 

Neben spannenden Spielen gegen Top-Gegner erwartet Lahm auch ein Weiterkommen der deutschen Mannschaft. „Ich bin der festen Überzeugung, dass sie sich durchsetzt“, sagte der ehemalige Bayern-Profi, der aber auch zugab: „Ein leichtes Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen.“