sid

Oktober 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Köln (SID) Von der „Platte“ in Rostock in die weite Welt: Profi-Skater Denny Pham hat mithilfe seines geliebten Boards einige Hindernisse in seinem Leben überwunden. Sein nächstes Ziel lautet: Olympia in Tokio.

Aufstehen, Kumpels treffen, skaten, schlafen. Der Traum eines Rostocker Jugendlichen ist für Denny Pham Realität geworden. Der Profi-Skater hat als Teenager alles auf eine Karte gesetzt und könnte im Sommer sogar an der olympischen Skate-Premiere in Tokio teilnehmen. „Skateboarden war für mich wie ein neues Zuhause“, sagte Pham im Gespräch mit dem SID: „Es ist mein Treibstoff und Antrieb. Es war mein Anker, den ich brauchte, ansonsten hatte ich ja nichts.“

Wenige Wochen vor dem Fall der Mauer erblickte Pham als Sohn einer deutschen Mutter und eines vietnamesischen Vaters in Rostock-Evershagen das Licht der Welt. In den folgenden Wendejahren erfuhr er aus nächster Nähe, wie sich die sozialen Spannungen der Bevölkerung im Hass auf Minderheiten entluden. Trauriger Höhepunkt waren die rechtsextremen Brandanschläge im August 1992 auf das Sonnenblumenhaus im benachbarten Stadtteil Lichtenhagen. „Ich war noch sehr jung und nicht in dem Haus, aber meine Eltern waren da, um Freunde zu besuchen. Erst über die Jahre sind immer mehr Informationen zu mir durchgesickert.“

Als Heranwachsender musste der inzwischen 31-Jährige die Erfahrung machen, „dass die sogenannten Baseballschlägerjahre ein reales Ding sind“. Bei seinen Skate-Touren durch Rostocks Straßen konnte Pham dem Stress zwar meist aus dem Weg gehen, doch „in der Platte“ in Evershagen war er immer wieder verbalen Anfeindungen ausgesetzt. „Das waren Leute, die ihr Bier vom Asia-Imbiss beziehen, aber dann trotzdem Sprüche gegen Ausländer bringen. Das war absurd“, sagte Pham .

In der fünften Klasse verschaffte ihm ein Schulfreund sein erstes Skateboard – ein Wendepunkt in Phams Leben. Als Jugendlicher reiste er für Wettkämpfe erstmals nach Berlin: „Da habe ich gemerkt: Hier geht was, hier gibts Contests, Skateparks, und die Mentalität ist eine andere.“ Mit 19 wagte er den Sprung in die Hauptstadt und ergatterte dort „mit ein bisschen Glück“ gleich mehrere gute Sponsorenverträge: „Das Skaten hat mir Selbstvertrauen und Halt im Leben gegeben. Ich habe mir vieles selbst angeeignet, weil aus meinem Elternhaus wenige Vorschläge kamen, was ich machen könnte.“

In diesem Winter hält sich Pham in Barcelona auf, wo er Tag für Tag nach neuen Hindernissen und Herausforderungen sucht. Als derzeit bester deutscher Street-Skater muss er im weltweiten Quali-Ranking allerdings noch Punkte gutmachen, um sich einen der begehrten 20 Olympia-Startplätze zu sichern. „Es wird ein sehr schwieriges Unterfangen“, gesteht der technisch versierte Fahrer.

Auch wenn das Thema Olympia von Teilen der Skate-Szene kritisch beäugt wird, will sich Pham für seinen Traum von Tokio in Skateparks „speziell vorbereiten“. Nach einer jahrelangen Odyssee im skateboardfremden Deutschland hofft er nun, dass „Olympia dem Otto Normalverbraucher das Skaten als Wettkampfsport nochmal verständlicher macht“. Wie immer in seinem Leben soll sein Brett ihm dabei helfen.