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Oktober 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Frankfurt/Main (SID) Hansi Flick wird nach der Fußball-EM Bundestrainer und damit Nachfolger von Joachim Löw. Er erhält einen Vertrag bis 2024.

Mit Hansi Flick beginnt bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft die neue Zeitrechnung nach 15 Jahren unter Joachim Löw. Der 56-Jährige tritt nach der EM im Sommer das schwere Erbe des Weltmeister-Coaches als Bundestrainer an. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestätigte die seit Wochen erwartete Personalie am Dienstag, Flick erhält einen Vertrag bis einschließlich der Heim-EM 2024.

„Es ging jetzt doch alles auch für mich überraschend schnell mit der Unterschrift, aber ich bin sehr glücklich, ab dem Herbst als Bundestrainer tätig sein zu dürfen“, wird Flick in einer DFB-Mitteilung zitiert: „Meine Vorfreude ist riesig, denn ich sehe die Klasse der Spieler, gerade auch der jungen Spieler in Deutschland. So haben wir allen Grund, die kommenden Turniere, zum Beispiel die Heim-EM 2024, mit Optimismus anzugehen.“

Sein wichtigster Helfer beim WM-Triumph von Rio 2014 habe „hervorragende Voraussetzungen“, um sein Erbe weiterzuführen, sagte Löw schon vor Wochen, „da sind wir uns alle einig“. Flicks Fußballphilosophie und Spielkultur sei „sehr, sehr gut“. DFB-Direktor Oliver Bierhoff betonte, dass Flick „von Anfang an ganz oben auf meiner Wunschliste“ gestanden habe: „Die menschlichen und fachlichen Qualitäten von Hansi Flick kenne und schätze ich seit unseren vielen gemeinsamen erfolgreichen Jahren bei der Nationalmannschaft.“ Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sieht im Münchner Triple-Coach gar den „perfekten Trainer für die Nationalelf“.

Flick selbst hatte das Amt zuletzt als sehr reizvoll und „etwas Besonderes“ bezeichnet, aber nach einem ersten Austausch mit Bierhoff betont: „Was die Zukunft betrifft, ist noch lange nichts entschieden.“ Er habe „auch andere Gespräche“ geführt. War das mehr als Koketterie? Es soll Angebote von Real Madrid und dem FC Barcelona gegeben haben. Nun erlag Flick dem Reiz des DFB-Jobs.

Löws langjähriger Assistent, als „treuer Hansi“ bis zum WM-Coup in Brasilien an dessen Seite, hatte die Bayern um Auflösung seines bis 2023 laufenden Vertrages gebeten. Der Klub erfüllte ihm diesen Wunsch vor dem Hintergrund des internen Machtkampfs mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic und hat in Julian Nagelsmann von RB Leipzig für eine Weltrekordablöse bereits einen Nachfolger verpflichtet.

Mit Flicks Unterschrift beim DFB, wo er von September 2014 bis Anfang 2017 auch Sportdirektor war, hat der Verband die erhoffte Klarheit auf der wichtigsten Angestellten-Position noch vor der EM. „Wir haben ein unheimlich gutes, enges und sehr vertrauensvolles Verhältnis“, sagte der für die Bundestrainer-Suche verantwortliche Bierhoff kürzlich, „aber es ist kein Geheimnis, dass Hansi ein interessanter Mann ist und hohes Interesse bei anderen Vereinen und Verbänden weckt.“ Doch die stach der krisengeschüttelte DFB nun aus.

Nach dem erneuten Gewinn der deutschen Meisterschaft, seinem siebten Titel mit den Bayern, hatte Flick noch betont, er sei „für alles offen“. Allerdings war da bereits eine klare Tendenz zu erkennen gewesen. „Damals mit Oliver Bierhoff, Jogi Löw und Andreas Köpke zusammenzuarbeiten, hat mir sehr viel Spaß gemacht“, sagte er: „Es gab eine enorme Wertschätzung, enorme Loyalität, die mich antreibt. Diese Dinge sind dort gegeben, ich habe ein tiefes Vertrauen zu Oliver Bierhoff.“

Auf Flick warten knifflige Aufgaben: Der von Löw für die EM unterbrochene Umbruch muss fortgeführt, junge Spieler müssen aufgebaut und fest integriert werden. Auch muss er ein neues Gerüst erfahrener Anführer bis zur WM 2022 in nur eineinhalb Jahren aufbauen – weiter mit den Rückkehrern Thomas Müller und Mats Hummels? Oder doch wieder mit jüngeren Kräften?

Zählen kann Flick auf sein exzellentes Verhältnis zum Münchner Block der Nationalmannschaft – um Kapitän Manuel Neuer und Müller gehören gleicht acht (!) Bayern-Profis dem EM-Aufgebot an. Sie alle hatten seinen Abschied aus München öffentlich beweint, Neuer nannte ihn „sehr traurig“. Flick sei in München in nur eineinhalb Jahren zum „besten Trainer der Welt“ aufgestiegen. Klubkollege Leroy Sane sprach daher von einem „guten Fang“ für den DFB.